Unser Redebeitrag auf der Kundgebung der Demonstration des Bündnisses gegen Rechts (BgR) Göttingen anlässlich des Widerstandes gegen die geplante Mahnwache des Arminius-Bundes am 12.09.2015 im Grenzdurchgangslager Friedland.
Wir sprechen hier für das BAZ in Friedland, das seit Mai 2014 geöffnet ist. Das BAZ ist ein unabhängiges Projekt mit antirassistischer Ausrichtung, das der allg. Abgrenzung und Diskriminierung von Geflüchteten etwas entgegensetzen will. In unseren Räumlichkeiten bieten wir ein Internetcafé, unabhängige Beratung, Deutschkurse und vor allem einen offenen Raum für Austausch und Ideen.
Das Erstaufnahmelager in Friedland ist ebenso wie alle anderen Einrichtungen in der Bundesrepublik völlig überfüllt. Statt vorgesehenen 700 Personen müssen hier derzeit um die 4000 Menschen auf engstem Raum zusammenleben.
Diese Situation ist das Ergebnis einer jahrelangen Fehlplanung. Seit vielen Jahren wollen Politiker*innen nicht wahrnehmen, dass immer mehr Menschen aus verschiedensten Gründen ihre Herkunftsländer verlassen müssen. Der Abbau von Unterbringungsmöglichkeiten und restriktive gesetzliche Rahmenbedingungen sind Ursache der Überbelegung, die nun als Notstandsituation inszeniert wird. Die Leidtragenden dieser verfehlten Politik sind Individuen, die nach Verfolgung und Flucht hier das Recht auf Asyl und ein menschenwürdiges Leben haben.
Wir fordern die niedersächsische Landesregierung auf, sofortige Maßnahmen zur Verbesserung der Lebenssituation im Lager umzusetzen und langfristig eine entschiedene Strategie für die würdevolle Unterbringung der Geflüchteten zu entwickeln. Die Berufung auf eine Notstandsituation können wir nicht akzeptieren.
Erfreulicherweise nehmen immer mehr Menschen den Bedarf und die untragbaren Zustände wahr und engagieren sich, um die Situation der Geflüchteten erträglicher zu machen und sie willkommen zu heißen.
Gleichzeitig sind die über 300 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte im Jahr 2015 nur die alarmierende Spitze der zunehmenden rechten Mobilisierung und Hetze gegen das Recht auf Asyl.
Friedland gilt zwar als Vorzeigebeispiel, aber auch hier gab es immer wieder Aktionen von Rassist*innen und Neonazis, die sich in den letzten Monaten stark häuften:
Im Juni mussten wir auf dem Weg zum baz feststellen, dass ganz Friedland von Nazi-Stickern übersät war. Im August verteilten die Nazis ihre Flyer in den Briefkästen Friedlands. Anfang September wurden auf dem Gelände „Mohammed-Karikaturen“ gefunden, die offensichtlich als Provokation eingesetzt wurden.
Heute wollen Mitglieder des „Arminius-Bundes des deutschen Volkes“ eine Kundgebung in Friedland abhalten. Dass es dem Bund nicht nur um die Rettung Deutschstämmiger aus der Ukraine geht, wie für den heutigen Tag angekündigt, zeigt sich schnell bei einem Blick in ihr Parteiprogramm: Hier wird wortwörtlich die Festung Europa gefordert. Die Einwanderung aus anderen Erdteilen will der Bund beenden. Außerdem wird das Abstammungsprinzip im Staatsbürgerrecht gefordert.
Diesen klar rassistischen Forderungen treten wir entschieden entgegen.
Und wir fordern auch von Politikern sich klar gegen rechte Hetze zu positionieren. Dabei darf es aber nicht bei einem Besuch in Heidenau und dem Streicheln von Flüchtlingskindern bleiben!
Die neuesten Maßnahmen der Bundesregierung stehen im krassen Gegensatz zu der verlauteten „Willkommenskultur“.
Benachteiligungen von Menschen mit Fluchthintergrund, Kürzungen der Sozialleistungen und Abschiebungen sind an der Tagesordnung. Durch neue Gesetze, wie das kürzlich in Kraft getretene „Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung“ wird die Abschiebehaft massiv ausgeweitet. Unter der Überschrift „Fehlanreize beseitigen“ beschloss der Koalitionsausschuss am vergangenen Sonntag Maßnahmen, die die Abschreckungspolitik der 90er Jahre reaktivieren. So wurde neben einer 6-monatigen Unterbringung in Erstaufnahmeeinrichtungen beschlossen, Geldleistungen durch Sachleistungen zu ersetzen. Dies bedeutet eine weitere Entrechtung, Ausgrenzung und Diskriminierung für geflüchtete Menschen.
Mit der Diskussion um sogenannte sichere Herkunftsstaaten wird die populistische Einteilung in gute und schlechte Flüchtlinge vorangetrieben.
Das individuelle Recht auf Asyl darf nicht abgeschafft werden, indem Länder pauschal als vermeintlich sicher deklariert und Einzelschicksale ignoriert werden.
Wir fordern ein Ende der rassistischen Sondergesetze, welche Menschen diskriminieren, die in der Bundesrepublik Schutz und Zuflucht suchen. Das Sterben zehntausender durch die europäische Abschottungspolitik und das gescheiterte Dublin-System muss beendet werden.
Fähren statt Frontex, Bleiberecht und gleiche Rechte für alle!
Kein Mensch ist illegal!